Fiona May Oly trat früher als Weitspringerin für Italien an, heute ist sie Mitglied des PUMA-Aufsichtsrats. Neben zwei Weltmeisterschaftstiteln holte sie auch zwei olympische Silbermedaillen. 2005 zog sie sich aus dem aktiven Sport zurück.
Fiona studierte Wirtschaft und Business Management and Administration an der University of Leeds. Zudem hat sie einen Executive Master in Sports Governance der Universität Limoges.
In Italien feiert sie als Fernseh- und Theaterschauspielerin Erfolge. Dazu ist sie als Beraterin für Integration des italienischen Fußballverbands tätig und ist die vierte Vizepräsidentin des UEFA-Komitees für Fair Play and Social Responsibility.
Im Interview mit PUMA erzählt sie, was für sie als erfolgreiche Sportlerin und darüber hinaus wichtig war.
Fiona, wann fiel dein Entschluss, Profisportlerin zu werden?
Ich war circa 17, als ich wusste, dass ich Spitzenathletin werden wollte – den Profisport gab es damals noch nicht. Ich hatte gerade die Junioreneuropameisterschaften gewonnen und mir wurde klar, dass ich den Sport ernst nehmen sollte.
Welchen Anteil deines Erfolgs schreibst du deinem Talent und welchen Anteil hartem Training zu?
Meiner Meinung nach zählt Talent zu 40 bis 50 Prozent, der Rest ist hartes Training. Jeder hat im einen oder anderen Bereich Talent, aber nur der, der hart arbeitet bzw. trainiert, hebt sich von der Masse ab. Ein Quäntchen Glück ist natürlich auch immer dabei…
Wie hast du dich beim Training vor großen Wettbewerben immer wieder motiviert?
Das war am schwierigsten. Manchmal trainiert man so hart und der Wettkampf ist noch so weit weg, da kann es mit der Motivation schwierig werden. Ich gehe einen Tag nach dem anderen an und habe mein oberstes Ziel immer vor Augen. Außerdem meditiere ich oft und visualisiere meine Ziele während der Vorbereitung.
Wie wichtig ist die Vorbereitung, um die beste Leistung abrufen zu können?
Sie ist extrem wichtig! Insbesondere in der Leichtathletik – man ist Einzelkämpfer und mentale Stärke spielt eine große Rolle. In der Regel erstelle ich mir vor großen Wettkämpfen Strategien. Ich bedenke alle Faktoren, die positiven und die negativen. Im Weitsprung gibt es immer Überraschungseffekte. So hatte ich zum Beispiel nicht damit gerechnet, 1999 bei den Weltmeisterschaften in Sevilla aufgrund eines menschlichen Fehlers die Goldmedaille abgeben zu müssen. (Anmerkung der Redaktion: Niurka Montalvo aus Spanien lag vor Fiona; der Richter hatte ihren Sprung zugelassen, im Video war jedoch deutlich zu erkennen, dass sie beim Absprung die Linie übertreten hatte.)
Was waren die schwierigsten Momente in deiner Laufbahn?
Ich hatte eine ganz Menge mehr oder weniger schwierige Momente. 1993 erlaubte der britische Verband mir nicht, im Ausland zu trainieren. Ich hatte einen Trainer in Italien gefunden, der mir helfen konnte, aufzusteigen und Medaillenanwärterin zu werden. Aber ich war fest entschlossen und nahm die Ablehnung zum Anlass, nach Italien zu gehen. Ich war ja auch mit einem italienischen Sportler verheiratet.
Der zweite Moment war der „Verlust“ der Goldmedaille in Sevilla 1999. Ich war drauf und dran, alles hinzuschmeißen. Es hört sich sehr persönlich an, aber das war es auch. Es war ein Skandal und du kannst mir glauben: Als ich auf das Podest stieg, um die Silbermedaille in Empfang zu nehmen, kamen Buhrufe und Pfiffe von den spanischen Zuschauern. Das war nicht schön. Ich war ziemlich desillusioniert.
Der dritte Moment kam dann 2001. Ich denke, er hing damit zusammen, dass ich mental erschöpft war nach der zweiten Silbermedaille (genau, hinter der großartigen Heike Drechsler!) bei den Olympischen Spielen in Sydney. Die Saison lief nicht besonders gut. Die Sportjournalisten kritisierten die Athleten, ohne jemals mit ihnen gesprochen zu haben. Den Medien ging es einzig und allein um Ergebnisse. Mir wurde nachgesagt, ich wäre am Ende meiner Karriere angelangt. Glücklicherweise war das für mich nur der Ansporn, ihnen das Gegenteil zu beweisen. Bei den Weltmeisterschaften 2001 holte ich Gold und spreche bis heute nicht mit Journalisten.
Wie wichtig ist es für dich, aus Fehlern zu lernen?
Das ist sehr wichtig. Sich selber gegenüber ehrlich zu sein, ist sehr schwer. Ich habe meine guten, meine besten und meine schlechten Seiten immer noch nicht entdeckt. Ich denke, wir müssen Verantwortung für unser Handeln übernehmen. Das ist leichter gesagt als getan. Ich bin nicht perfekt und mache immer noch Fehler, aber ich versuche, aus ihnen zu lernen.
Welchen Rat hast du für junge Sportler, die es bis nach oben schaffen wollen?
Der Weg ist lang, steinig und manchmal bricht einem das Herz, denn wir sind ja alle nur Menschen. Aber das Gefühl, wenn man die Ergebnisse sieht, ist das beste der Welt. Das ist es wert. Habt keine Angst davor, Euch mehr mit Euch selber auseinanderzusetzen. Folgt diesem Traum, hört nicht auf andere. Hört nur auf eure eigene leise Stimme.
Nach deiner Sportlerkarriere hast du als Schauspielerin Erfolge gefeiert. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen der Schauspielerei (im Theater oder Film) und dem Auftreten im Stadion?
Mein Schauspielerkönnen ist noch in Arbeit! Ich habe keine formelle Ausbildung, aber anscheinend gelten die gleichen Grundsätze wie für Sportler. Bei Film und Fernsehen ist es leichter, denn man kann so lange wiederholen, bis die Szene nahezu perfekt ist. Es war nicht leicht für mich, weil Italienisch ja nicht meine Muttersprache ist. Ich musste viel üben. Im Theater ist es viel, viel schwerer. Du bist alleine mit dem Publikum und das ist ein ganz anderes Gefühl. Aber ich habe ein paar Gemeinsamkeiten zwischen Theater und Wettkämpfen erkannt: Man hat nur eine Chance. Wenn du sie verpasst, kommt sie nie wieder.
Was macht mehr Spaß: Leichtathletik oder Schauspielern?
Beides macht Spaß und ich bin sehr froh, beide Erfahrungen gemacht haben zu können.
Vielen Dank, Fiona.