PUMA CEO Arne Freundt und Profi-Fußballerin Alexandra Popp

PUMA Family Talk | PUMA CEO Arne Freundt und Profi-Fußballerin Alexandra Popp

„Für Mädchen hat sich im Fußball leider nicht viel verändert.“

Zu Beginn des „PUMA Year of Sport 2024“ trafen sich PUMA-CEO Arne Freundt und Fußballspielerin und Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft Alexandra Popp in Wolfsburg und sprachen über Führung im Unternehmen und Fußball, Teamplay und Motivation.

Alex, du hast mal gesagt, dass du als Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft deinem Team auf dem Spielfeld ein Gefühl von Sicherheit vermittelst. Ist das deine Rolle als Kapitänin?

Alex: Ich würde sagen, Sicherheit zu vermitteln ist auch ein Teil meiner Rolle als Kapitänin, aber nicht das Einzige. Vorneweg zu marschieren, die Mentalität mitzubringen, das Spiel gewinnen zu wollen, oder der Mannschaft auf dem Feld das Gefühl zu geben, dass wir das Spiel gewinnen – das gehört alles zu meinen Aufgaben. Und dann ist man auch ein Stück weit Bindeglied zwischen Trainerteam und Mannschaft, um ein gutes Gefüge herzustellen.

Arne, inwieweit trifft das auch auf die Führung eines Unternehmens zu? Ist Führung für dich gleichbedeutend mit dem „Vermitteln eines Gefühls von Sicherheit“ für dein Team?

Arne: Ich glaube, bei PUMA reden wir nicht so viel über das Wort „Sicherheit“, sondern eher über Vertrauen. Damit meine ich das Vertrauen, das wir als Führungskräfte unseren Mitarbeiter*innen entgegenbringen. Vertrauen in ihre Fähigkeiten und ihre Entscheidungsfindung. Ich glaube, dass ein Umfeld des Vertrauens Sicherheit schafft, wo sich die Mitarbeiter*innen dann auch befähigt fühlen, Entscheidungen zu treffen, und sich gefördert fühlen. Für mich hängen Vertrauen und Sicherheit eng zusammen.

Alex, wie kommunizierst du mit deinem Team vor einem wichtigen Spiel? Was sagst du ihnen normalerweise?

Alex: Das ist total unterschiedlich, weil man jedes Mal aufs Neue in die Mannschaft reinfühlen muss. Wie tickt sie gerade? Manchmal hat man von vornherein ein gutes Gefühl, wenn die Mannschaft schon mit einer guten Einstellung auf den Platz kommt. Oder aber man hat schon in den Trainingseinheiten zuvor gemerkt, dass dann auf dem Platz gar nichts passieren wird. Dann brauchen sie vielleicht noch mal so einen kleinen Kick und der kann auch ganz unterschiedlich aussehen. Da geht es tatsächlich viel um Selbstbewusstsein aufbauen, Mut zusprechen, die Stärken jeder einzelnen Spielerin auf den Platz bringen und im Teamgefüge zu verknüpfen. Aber eigentlich geht es auch hier wieder darum, der Mannschaft Vertrauen zu geben.

Arne: Genau so ein Wechselspiel gibt es bei uns auch. Auf der einen Seite muss man die Arbeit in das Training legen und da den Druck erhöhen. Aber in dem Moment, kurz vor einem wichtigen Termin, muss man den Druck rausnehmen und seinen Leuten die Freiheit geben, sich auszuprobieren, und ihnen das Vertrauen geben, dass sie ihre beste Leistung abrufen und nicht zu sehr verkopfen.

Arne, was ist das Äquivalent zu einem „pre-match prep talk“ im Business? Wie sprichst du mit deinem Team, um die beste Leistung herauszuholen?

Arne: Bei uns gibt es ja so einen „pre-match prep talk“ nicht. Wir haben den Anspruch, das Unternehmen immer einen Schritt besser zu machen. Insofern ist jeder Tag „Match Day“. Aber natürlich gibt es auch bei uns superwichtige Termine, wo einfach das gesamte Team die beste Leistung abrufen muss. Wichtig ist eine intensive Vorbereitung und sich auch noch mal mit dem Team zusammenzusetzen und das Selbstvertrauen zu stärken. Wir haben alles, wir werden erfolgreich sein, geht raus und habt Spaß. Dieses „Enjoy the Moment“ und gleichzeitig den Druck rauszunehmen und einfach in den Flow zu gehen ist extrem wichtig.

Arne Freundt
Arne Freundt
„Wir haben den Anspruch, das Unternehmen immer einen Schritt besser zu machen. Insofern ist jeder Tag ‚Match Day‘.“
Arne Freundt
CEO PUMA

Alex, warum hast du dich dafür entschieden, die Kapitänsrolle zu übernehmen? Hast du die Führung gewählt oder hat die Führung dich gewählt?

Alex: Ich glaube, dass man Führung in dem Sinne nicht wählen kann. Es wird einem eher ein Stück weit mitgegeben. Ich glaube, es gibt viele Spielerinnen, die man nicht in eine Führungsposition reindrücken kann. Entweder man hat das in sich oder eben nicht. Und bei mir war es tatsächlich so, dass ich das schon ein Stück weit in mir hatte. Einfach durch meine Mentalität, die ich aus der Jugend mitgebracht habe. Als ich dann die Anfrage bekommen habe, ob ich mir das vorstellen könnte, habe ich mich schon gefragt: Traust du dir das zu? Kannst du das einschätzen, was da alles auf dich zukommt? Von daher würde ich sagen, dass die Führung eher mich gewählt hat. Und das ist für mich gerade auf Nationalmannschaftsebene eine Riesenehre, da vorneweg marschieren zu dürfen.

Arne: Gab es denn eine Sache, die du nicht antizipiert hast?

Alex: Nein, eigentlich nicht. Ich brauchte schon ein Jahr, um so richtig in die Rolle reinzuwachsen, gerade was das Thema Kommunikation angeht. Wie kann ich mit wem überhaupt reden? Wie führe ich auf dem Platz? Mich hat es immer weitergebracht, wenn ich sehr scharf und knallhart angesprochen wurde. Ich dachte, das mache ich einfach genauso, und das ging dann bei der einen oder anderen Spielerin in die Hose. Das musste ich lernen.

Und da gab es auch Momente, die nicht einfach waren. Der Frauenfußball ist ja immer sichtbarer und populärer durch unseren Erfolg bei der Europameisterschaft geworden. Dann kam der Misserfolg bei der WM im letzten Jahr und da musste ich dann meinen Kopf und mein Gesicht hinhalten. Ich habe mir danach auch tatsächlich drei Monate eine Auszeit genommen. Das brauchte ich einfach.

Arne, du hast eine lange und erfolgreiche Karriere hinter dir. Zu welchem Zeitpunkt hast du beschlossen, auch große Teams zu leiten?

Arne: Alex hat es schon sehr passend gesagt. Ich glaube, man entscheidet sich nicht, sondern es ist eine Evolution. Mein erstes Team war mit zwei Mitarbeiter*innen relativ klein, aber schon da habe ich es genossen, sie anzuleiten, sie zu entwickeln und auch zu sehen, wie sie besser in ihrem Job werden. Sie entwickeln sich auch persönlich weiter durch den Spiegel, den man ihnen vorhält. Das hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Und mit der Verantwortung ist dann auch das Team gewachsen. Aber weiterhin ist Personalführung und mit Mitarbeiter*innen zu arbeiten ein Lieblingsthema von mir.

Alex, als Kapitänin musst du schnell auf ein sich veränderndes oder schwieriges Spiel reagieren. Meistens wenn die Mannschaft hintenliegt oder das Team nicht so spielt, wie es sollte. Wie motivierst du dein Team trotzdem, um den Sieg zu kämpfen?

Alex: Grundsätzlich hat natürlich jede einzelne Spielerin in meinem Team den Willen, das Spiel zu gewinnen. Es hängt davon ab, wie das Spiel gerade läuft. Man kann 1:0 zurückliegen, aber man hat trotzdem das Spiel dominiert, nur einfach nicht das Tor gemacht. Dann gibt man dem Team eher das Gefühl, dass wir voll im Spiel sind, wir die voll im Griff haben und wir einfach nur das Tor machen müssen. Und dann gibt es natürlich auch Spiele, wo du denkst: Wir können jetzt noch fünf Stunden spielen, und wir kriegen es heute nicht auf die Platte. Da braucht es eher den Hammer, man wird etwas lauter, damit alle mal ein bisschen wach werden.

Arne: Bei uns gibt es natürlich auch Niederlagen oder Rückschläge. Bei euch ist es in eurer Sprache natürlich ein Gegentor und ihr habt nur Sekunden, um umzuschalten. Wir haben wenigstens mal die Zeit zu reflektieren: Was ist jetzt falsch gelaufen, was machen wir nächstes Mal besser? Allerdings gilt auch hier bei uns, nicht zu lange in den Rückspiegel zu gucken. Das bringt nichts.

Alexandra Popp

Alex, in diesem Jahr wird die deutsche Mannschaft an den Olympischen Spielen teilnehmen. Wie bereitest du das Team darauf vor, nach einem schwierigen Jahr 2023 mit höchster Performance zu spielen?

Alex: Jede Spielerin ist selbst dafür verantwortlich, sich bestmöglich auf Spiele oder auch auf das olympische Turnier vorzubereiten. Das Trainerteam verbreitet jetzt schon eine gewisse Stimmung im Team, sodass ich vielleicht gar nicht so viel machen muss. Aber ansonsten kann ich natürlich nur meine eigenen Erfahrungen mitgeben. Olympia ist nicht gleich Europameisterschaft oder Weltmeisterschaft, das ist noch mal eine ganz andere Nummer. Es ist dieser olympische Geist, der wirklich über einem schwebt. Du bist nicht nur als Mannschaft da, sondern als großes Team Deutschland. Und wenn man dann natürlich noch vor vollen Stadien spielen kann und am Ende möglichst mit einer Goldmedaille zurückkommt, ist das Motivation genug.

Arne, du hast gesagt, dass 2023 auch für PUMA ein Übergangsjahr war. Wie hast du das Unternehmen auf das Sportjahr 2024 mit Olympischen Spielen, der Euro 2024 und der Copa America vorbereitet?

Arne: 2023 war nicht nur für uns, sondern für die ganze Industrie ein Übergangsjahr. Wir kamen aus der Pandemie, in der die ganze Industrie stark gewachsen war. Wir sind 2023 zwar immer noch sehr gut gewachsen, aber nicht mehr mit diesen zweistelligen Wachstumsraten. Aber immerhin sind wir schneller als der Wettbewerb gewachsen und das ist das Wichtigste.

2024 ist für uns natürlich wie für euch. Das ist ein Traum für jedes Sportunternehmen, wenn du die Fußballeuropameisterschaft in Deutschland hast, Olympia direkt nebenan in Frankreich und dann noch die Copa America in den USA — nicht zu vergessen die Handball-EM in Deutschland. Das ist Motivation genug.

Für uns ist es ein ganz wichtiges Jahr, weil wir in diesem Jahr zeigen wollen, dass wir FOREVER. FASTER. sind. Wir starten eine neue Markenkampagne im April, und die unterstreicht noch mal unsere Superpower – den Speed. FOREVER. FASTER. steht einfach für die Geschwindigkeit, für die Schnelligkeit, und das werden wir ganz deutlich zeigen.

Alex, du hast bereits erstaunliche Dinge in deiner Karriere erreicht. Welchen Rat würdest du Mädchen geben, die in deine Fußstapfen treten möchten?

Alex: Im Fußball ist es für Mädchen immer noch relativ schwierig. Ich habe lange mit Jungs gespielt, was mich extrem weitergebracht hat. Aber wenn man heutzutage in die Vereine reinhört, wie sich die Jungs den Mädchen gegenüber verhalten, dann hat sich wenig verändert. Das muss man leider so sagen. Ich würde den Mädchen aber trotzdem raten, nicht zu früh in eine Mädchenmannschaft zu wechseln, sondern sich weiterhin durchzusetzen. Dafür braucht man die Unterstützung der Familie und im Optimalfall des Trainers. Und ganz wichtig ist natürlich Spaß. Spaß ist auf dem Platz das A und O. Hast du keinen Spaß, kannst du keine Leistung bringen.

Arne: Also du hast in deiner Kindheit und Jugend richtige Widerstände erfahren, wenn du als Mädchen bei den Jungs mitspielen wolltest?

Alex: Die Jungs in meiner Mannschaft waren okay, aber die Gegner waren das Problem. Es wird viel ausgelacht. „Guck mal, die haben Mädchen in der Mannschaft, die ziehen wir ja locker ab.“ Solche Sachen eben. Oder dann dribbelst du vielleicht den ersten Jungen aus und dann vielleicht den zweiten Jungen, und dann kommt der dritte Junge und holt dich völlig von den Beinen. So richtig unsportlich. Und die Eltern der Jungs feiern das noch ab. Solche Situationen sind nicht einfach für ein junges Mädchen. Aber ich war schon in jungen Jahren mit einem recht guten Selbstbewusstsein ausgestattet und habe von meinen Eltern und meinem Trainer eine wahnsinnige Rückendeckung bekommen.

Arne: Das ist hart. Aber das macht einen auch sehr resilient, oder?

Alex: Absolut. Ich kann auch Mädchen verstehen, die aufgeben. Aber ich habe dadurch ein dickeres Fell und eine gewisse Mentalität aufgebaut und habe vielleicht genau deswegen den Charakter und bin die Spielerin, die ich bin.

Arne: Du hast damit auch eine starke Vorbildfunktion für ganz viele Mädchen und kannst ihnen zeigen: Das kann ich auch werden!

Alex: Ja, genau!

Alexandra Popp
Alexandra Popp
„Spaß ist auf dem Platz das A und O. Hast du keinen Spaß, kannst du keine Leistung bringen.“
Alexandra Popp
Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft

Arne, wie sieht es bei dir aus? Irgendwelche Ratschläge für junge Fachleute, die Geschäftsführer*innen werden möchten?

Arne: Der erste Ratschlag wäre, zu überlegen, ob das das richtige Ziel ist. Ich glaube, man muss erst mal schauen, woran man Spaß hat, was die eigene Leidenschaft ist. Such dir das, was du besonders gerne magst, wo du eine intrinsische Motivation hast, was dir Energie gibt. Und wenn du das gefunden hast, dann steht dir nichts im Weg, auch sehr erfolgreich zu werden. Und wenn die oberste Maxime ist, Geschäftsführer zu werden, dann kommt man da auch hin. Aber erstmal überlegen, womit man jeden Tag verbringen möchte. Spaß und Leidenschaft sind das, was einen nach vorne bringt.

Alexandra Popp