Wir sind uns bewusst, dass das aktuelle lineare Geschäftsmodell unserer Branche sehr weit vom Ideal der Kreislaufwirtschaft entfernt ist. Die zunehmende Anzahl von Textilabfall, die auf Mülldeponien entsorgt werden, stellt ein neues Risiko dar. Deshalb gehören die Neuorientierung für unsere Produktionsvorgänge und ein auf Kreislaufwirtschaft basierendes Geschäftsmodell auch zu den Prioritäten unserer Nachhaltigkeitsstrategie.
Unser Weg nimmt mit dem Produktdesign seinen Lauf. Wir haben ein E-Learning-Tool zum Thema Kreislaufwirtschaft für alle PUMA-Mitarbeiter*innen eingeführt, das auf die Schulungen zum Circular Design aufbaut, die wir mit Circle Economy organisieren. Auf der Grundlage von PUMAs Identität und unseren Materialien haben wir Konzepte für zirkuläres Design identifiziert, die auf die Langlebigkeit und Kreislauffähigkeit unserer Produkte ausgerichtet sind. Im E-Learning geht es sowohl um unsere neue Richtlinie zur Kreislaufwirtschaft als auch um unsere Richtlinien zu zirkulärem Design.
2021 haben wir unser PUMA Circular Lab eingeweiht, eine Plattform, auf der wir mit unseren Kund*innen über Kreislaufwirtschaft sprechen und gemeinsam lernen. Das erste Projekt war RE:SUEDE, ein Experiment für einen biologisch abbaubaren Schuh aus chromfreiem Zeology-Wildleder, Hanffasern und Baumwolle mit einer biologisch abbaubaren TPE-Sohle. Vergangenes Jahr kam die erste Auflage mit 500 Paar auf den Markt. Sie wurden von den Teilnehmer*innen sechs Monate lang getragen und dann an PUMA zurückgeschickt. Seit Dezember werden über 400 Paar in einer industriellen Kompostieranlage in den Niederlanden für die Testkompostierung vorbereitet, die 2023 erfolgen soll. Wir werden die Ergebnisse veröffentlichen, um alle am Thema Bioabbaubarkeit Interessierten an unseren Erfahrungen teilhaben zu lassen.
Im Bereich Textilien haben wir gemeinsam mit europäischen Partnern ein Textile-to-Textile-Recyclingprojekt unter dem Namen RE:JERSEY begonnen. Mit einem innovativen chemischen Prozess wird getragene oder (beispielweise aufgrund abgelaufener Lizenzverträge) unverkäuflich gewordene Polyesterbekleidung zu neuen Textilien recycelt. Unsere Projektpartner sind die PUMA-Mannschaften Manchester United, AC Mailand, Olympique de Marseille und Borussia Dortmund. Die Polyesterkleidung, die wir in deren Fan-Shops und im PUMA Store in Herzogenaurach sammeln, wird in Europa sortiert, recycelt und zu neuen Fußballtrikots verarbeitet.
Wir halten unsere Lieferanten an, ihren für PUMA-Produkte anfallenden Textilabfall der Wiederverwendung bzw. dem Recycling zuzuführen, entweder über branchenexterne Anwendungen oder, im Idealfall, durch Recycling von Verschnitt in neue Polyester- oder Baumwollgarne.
Unsere Ziele hinsichtlich Kreislaufwirtschaft umfassen die vermehrte Verwendung von recyceltem Polyester und recycelter Baumwolle ebenso wie den Einsatz recycelter Alternativen zu Leder, Gummi und Polyurethan (PU), die Materialien, die wir nach Baumwolle und Polyester am häufigsten verarbeiten. In unserem Portfolio haben wir recycelte Alternativen für alle der genannten Materialien. Für Recycling- und recyceltes thermoplastische Polyurethan (TPU) haben wir ein Forschungsprojekt mit einem Chemieunternehmen gestartet.
Um die Verwendung recycelter Materialien für PUMA-Produkte zu kommunizieren, haben wir 2022 RE:COLLECTION ins Leben gerufen, eine Kollektion aus recycelter Baumwolle und recyceltem Polyester. Parallel dazu wurde unsere Kollektion First Mile aus recycelten Plastikflaschen fortgeführt.
Die Verwendung recycelter Baumwolle für unsere Textilien haben wir zwischen 2020 und 2022 von 0,6% auf 3,6% und für Schuhe von 0,5% auf 2,4% erhöht. Auch den Anteil recycelten Polyesters haben wir in diesem Zeitraum für alle Produktkategorien gesteigert: von 14% auf 48%.
Unsere Kernlieferanten der Ebene 1 haben im vergangenen Jahr knapp 57% des Pre-Consumer-Abfalls wiedergenutzt oder recycelt, bei den Kernlieferanten der Ebene 2 waren es ca. 90%. Verbrannt wurden 9% des Textil- und Stoffabfalls der Kernfabriken der Ebene 1, bei denen der Ebene 2 waren es lediglich 0,3%.
Nur 4,6% des Produktionsabfalls der Textillieferanten landen auf Deponien, bei den Schuhlieferanten sind es 9,2%.
Volumen recycelte Baumwolle, aus Produktionsabfall | 1.335 Tonnen | |
Volumen recycelter Polyester, aus Post- und Pre-Consumer-Abfall | 24.509 Tonnen | |
Volumen recyceltes Nylon, aus Post-Consumer-Abfall | 15 Tonnen | |
Kernlieferanten Ebene 1* | Kernlieferanten Ebene 2** | |
Menge Pre-Consumer-Abfall pro Jahr | 51.165 Tonnen | 216.796 Tonnen |
Anteil Pre-Consumer-Abfall für Wiedernutzung oder Recycling | 56,9% | 90,6% |
Anteil vernichteter Textilien und Stoffe (zur Verbrennung) | 9,2% | 0,3% |
Um unserer Verantwortung als Hersteller gerecht zu werden und zukünftig Optionen für Materialströme zu nutzen, die in das Konzept der Kreislaufwirtschaft passen, haben wir uns bis 2025 auch ein Ziel für Rücknahmeprogramme in unseren größten Märkten gesetzt.
Nach den Pilotprojekten in Hongkong, den USA und bei den Vereinen, die am Projekt RE:Fibre beteiligt sind, haben wir 2022 unser Rücknahmeprogramm für Schuhe in Australien eingeführt. Im Rahmen der Zusammenarbeitet mit Soles4Souls konnte PUMA North America 600 kg getragener Schuhe sammeln, die diese Initiative für gemeinnützige Zwecke wiederverwendet. In Australien sammelten die Kolleg*innen 2.749 kg getragener Schuhe.
Dank unserer Kooperation mit der gemeinnützigen Organisation Crossroads Foundation können PUMA-Kund*innen in Hongkong seit September 2019 mit ihrer gebrauchten Sportbekleidung benachteiligte Menschen weltweit unterstützen und Textilien aller Marken in Recyclingtonnen in vier ausgewählten PUMA Stores abgeben. Pro Tüte gespendeter Kleidung erhalten sie einen Gutschein über 20 % auf ihren nächsten Einkauf. In den vergangenen drei Jahre konnten wir über dieses Projekt 130 kg (2020), 104 kg (2021) und 264,5 kg (2022) Textilien an die Crossroads Foundation spenden.
Im Rahmen des Rücknahmeprogramms unseres Partners Soex/I:CO in Deutschland kamen über 3.303 kg Textilien von PUMA zum Recycling zusammen; 2.860 kg konnten recycelt werden, der Rest wurde mit Energierückgewinnung verbrannt.
SWOP Shops stehen für den kostenlosen und lokalen Tausch von Kleidungsstücken und anderen Artikeln – eine gute Gelegenheit, die eigene Garderobe zu erweitern, ohne Geld für Neues ausgeben zu müssen. Die Produkte erhalten ein zweites Leben und nebenbei wird die Nachhaltigkeit auf unterhaltsame Weise gefördert. 2022 öffnete der dritte PUMA SWOP Shop in Hongkong mit dem Ziel, die Kultur des „Recycle and Reuse“ zu fördern. Bei dem öffentlichen fünftätigen Event konnten Kleidung und Accessoires getauscht werden. Über 1.200 Gäste spendeten mehr als 3.200 Stücke (mehr als zwei pro Person). 55 Kisten mit Bekleidung wurden an die NROs Crossroads und Redress weitergegeben. Ein SWOP Shop für Mitarbeiter*innen fand erstmalig an unserer Unternehmenszentrale in Herzogenaurach statt. Hier wurden um die 500 Artikel getauscht; der Rest wurde über PUMAs gemeinnützige Organisation Charity Cat verteilt.
In manchen Fällen geben vertragliche Einschränkungen, zum Beispiel nach Ablauf eines Lizenzvertrags mit einem Partnerverein, vor, dass nicht verkaufte Produkte entsorgt werden müssen. PUMAs Prozesse stellen sicher, dass unsere Produkte nur in Ausnahmefällen diesen Weg gehen müssen. Mit Produktionsprognosen, die so präzise wie möglich erstellt werden, wirken wir hohen Lagerbeständen entgegen und vermeiden die damit einhergehenden Verwaltungskosten. Saisonale Produkte werden so lange über verschieden Kanäle angeboten, bis sie verkauft sind. Retouren kommen in den Verkauf zurück, sofern sie noch ungetragen sind, oder werden gespendet, wenn sie, außer kleinerer Mängel, in gutem Zustand sind. Entsorgt werden ausschließlich verschlissene oder stark beschädigte Retouren. Neue Produkte sollten nur auf ausdrückliches Verlangen des Lizenzpartners nach Vertragsablauf vernichtet werden – nicht um Probleme im Bestandsmanagement zu lösen. Unser Berichtswesen ermöglicht in diesen Fällen die genaue Identifizierung der Mengen und der Ursachen. 2022 wurden ca. 0,06% aller während des Jahres (global) hergestellten Produkte in einer Recyclinganlage, sofern vorhanden, entsorgt bzw. kamen in den Reißwolf.
Als Antwort auf die Vernichtung mangelhafter Produkte organisierte PUMA Turkey 2022 in der Kanyon Mall in Istanbul einen Pop-up-Store für Upcycling. Getragene Kleidungsstücke wurden in Kooperation mit den Modedesigner*innen von Custom Rebels zu 3.000 neuen Textilien mit neuer Wertigkeit verarbeitet und dann verkauft. Das positive Feedback zu dem befristeten Shop war der Auslöser für die Eröffnung eines Ladengeschäfts im beliebten Istanbuler Bezirk Karaköy.
2021 haben wir eine Roadmap für die Abfallvermeidung erstellt und eine Risikobeurteilung durchgeführt.
Die in unserem Geschäftsbericht veröffentlichten Daten umfassen den Materialabfall ebenso wie den Abfall aus Produktion und Büros, einschließlich Kartonagen, Papier, Plastik, Leuchtmittel usw. So erhalten wir ein vollständiges Bild des an unseren Produktionsstandorten anfallenden Volumens. Als hohes Risiko gelten bei PUMA Abfall aus Plastik sowie Chemikalien, Schmieröl und Elektroschrott. Um diese Risiken zu priorisieren, haben wir uns mit anderen Marken und mit dem Zementhersteller INSEE zusammengeschlossen, der in Vietnam, Kambodscha, Bangladesch und Indonesien Dienstleistungen im Bereich Abfallverwertung mit Hilfe einer Verarbeitungstechnologie anbietet. Die Prioritäten für unser Aktivitäten basieren auf Analysen unserer Abfalldaten aus dem Jahr 2020 und der Abfallmanagementbewertung unserer Kernfabriken nach dem Higg FEM.
Die Schwerpunkte für die kommenden Jahre sind nachstehend aufgeführt. Einige der Maßnahmen wurden bereits 2021 umgesetzt und werden in diesem Geschäftsbericht erläutert.
Tong Hong Tannery gehört zu den größten Herstellern von Spaltleder weltweit und betreibt Produktionsstandorte in Vietnam, China und Indonesien. In Vietnam wurde das Unternehmen mit einer Goldmedaillenbewertung der Leather Working Group (LWG) ausgezeichnet und erhielt die Zertifizierung nach ISO 14001:2015 für sein Umweltmanagementsystem. 2020 ist Tong Hong Tannery einen weiteren großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gegangen – mit der Einführung einer Müllverwertungsanlage auf dem Werksgelände, in der 100% des Spaltlederabfalls recycelt werden. Diese Menge entspricht 60% des eingesetzten Rohmaterials und wurde früher auf Deponien entsorgt. Während 20% dieses Abfalls extern zu Produkten aus recyceltem Spaltleder oder Veloursleder verarbeitet werden, recycelt die Verwertungsanlage 80% des Abfalls zu Gelatine, die von Klebstoffherstellern als Rohstoff verwendet wird.